Donnerstag, 16. Dezember 2010

Zusatz zum "Dort wäre ich jetzt gerne" ...

Ich komme aus der Stadt grad her
und muß euch sagen
- es weihnachtet sehr-

Stehe ich an der Kasse bei der Rewe, glotzt mich die Kassiererin an und blöckt zu mir rüber, "Hier dauert das jetzt aber einen Moment, ich hoffe sie haben Zeit"
Vor mir wird ein junger adretter Mann bedient, desses Gesicht plötzlich die Farbe einer Cherrytomate annimmt.
"Was´n nu los"- schoss mir durch den Kopf.
Und dann sah ich ihn- den Gutschein von der Arge.
Da ich selbst aus dem Handel komme, kann ich mich noch sehr gut an diese Scheinchen erinnern, die allerdings damals auf gelbem Papier gedruckt waren und vom Sozialamt ausgestellt wurden.
Sein Einkauf, der unter anderem auch aus Tiernahrung und Katzenstreu bestand, hatte einen Wert von genau 40.00 €, aber, und ich konnte das nicht wirklich glauben, der von der Arge lag drunter: ihm standen genau 37, 67 € zu.
Wie kommt man auf diesen Betrag? Wie wird der errechnet? Und das bis auf den letzten Cent!?!
Sein Gesicht wurde noch röter, als er, peinlich berührt mit leiser Stimme, die Kassiererin bat, zwei Artikel zu stornieren.
Sichtlich genervt, von was auch immer, der Kassenbereich war fast leer, meinte sie: "Na ja, da muß ich dann aber erstmal nach jemandem rufen".
"Bisschen mehr Freundlichkeit würde dir auch gut stehen"., dachte ich so bei mir, "zumal du sicherlich auch nur eine von den Aushilfskräften bist, die auf 400€ Basis arbeiten".
"Lassen sie es sein, das Blöcken, ich bezahle den Rest"
Ich griff also in meine Jackentasche und kramte nach den fehlenden 2.33€.
Er füllt derweil diesen Gutschein aus, Datum und Unterschrift, und ich reiche ihr das Geld.
Mittlerweile machte sein Gesicht den Eindruck, als würde vor Scham sein Kopf gleich explodieren.
Er fragte mich, wie er das wieder gut machen könnte, worauf ich antwortete, er solle mich heute abend in sein Gebet mit einschliessen.
Hab ich das gesagt? Gebet? Du meine Güte!
Fröhliche Weihnachten kam,
Nein, mein Hase, sagte ich, ich bin so und das nicht nur zum Fest des Jahres.
Menschlichkeit und Güte nur zu Weihnachten?
Er schenkte mir ein ehrliches Lächeln und beide gingen wir dann unserer Wege.
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Wie schnell geraten die Menschen heute ins soziale Abseits?
Abgestempelt, als Assi angesehen und mit verachtungsvollen Blicken bestraft.
Es gibt auch die anderen. Die, die das soziale Wesen bis zum letzten Tropfen auskosten, aber wer sagt einem, in einem Moment wie diesen heute an der Kasse, was oder wer sich dahinter verbirgt.
Steht es uns zu, zu ver- und beurteilen?
Wenn ja, woher nehmen wir uns dann das Recht?
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Wer heute, aus welchen Gründen auch immer, sich der Arbeitslosigkeit ergeben muß und HartzIV bekommt, der gilt bei der Allgemeinheit als Verlierer, als wertloses Häufchen Mensch.
Erst letztens hatte ich ein Gespräch mit einer Bekannten, wo sie voller Arroganz den Spruch abliess, es ging irgendwie darum die Straßen vom Schnee zu räumen, "sollen das doch die 1€ Jobber machen".
Ich hätte der am liebsten eine gedonnert. Allein schon für den Blick in ihren Augen und ihrer Körperhaltung.
Ich wünsche niemandem etwas Schlechtes, aber ich würde es begrüßen, wenn ihr ein ähnliches Schicksal zu teil werden würde. Und das könnte schneller passieren, als es ihr lieb sein kann.
Gerade sie ist es, die aus der Erfahrung her wissen müßte, wie schnell Mitarbeiter einer der größten Discounterkette entlassen werden, wenn die 10 Jahres Grenze überschritten wurde.
Zu alt, zu teuer und wech.
Es gibt immer Mittel und Wege um jemanden loszuwerden, den man aus dem Unternehmen haben will.
Da nützt es nix, und ganz speziell ihr nichts, wenn man denkt, man bliebe verschont weil man denen in der Chef Etage einen Gefallen getan hat.
Dummheit schützt vor Strafe nixxxxx.

1 Kommentar:

  1. Bravo! Das war großartig.
    Wenn ich soetwas sehe, denke ich auch immer: Ich wünsche dir nicht schlechtes; nur das selbe.

    Liebe grüße
    Elsbeth

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